Digital Literacy

Digital Literacy, die jede Branche braucht

Digital Literacy umfasst Kulturpraktiken und -techniken

Spricht man von digitalen Kompetenzen, Digital Literacy, so werden darunter allgemeine Kulturpraktiken und -techniken wie Lesen, Schreiben, Verstehen in Bezug zum Digitalen gefasst.

In den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von Frameworks entwickelt, die notwendige Kompetenzen beschreiben und definieren und damit Arbeitnehmern, Unternehmen sowie Verwaltung und Politik Handlungsorientierung bieten sollen (vgl. Japsen/Wuppermann 2018).

Was bedeutet es digitale Kompetenz zu besitzen?

Erweitert analoge Vorgänge durch digital Literacy

Die digitale Transformation erweitert oder ersetzt ehemals analoge Vorgänge durch teils automatisierte oder datengetriebene digitale Vorgänge. Dadurch verändern sich bisherige Formen von Arbeit, bestehende Berufsbilder und Tätigkeiten fortlaufend und erfordern stetig neue Kompetenzen von Personen und Organisationen.

Dem Bereich der Aus- und Weiterbildung zur Beherrschung der digitalen Technologien wird dabei eine Schlüsselrolle zugesprochen. Die Herausbildung von digitalen Kompetenzen soll bereits mit der Schulausbildung beginnen, während der Hochschulausbildung vertieft und lebenslang fortgeführt werden. So können die Herausforderungen des digitalen Wandels aktiv und selbstbestimmt gestaltet werden (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2016).

Datenkompetenz heißt Daten kritisch zu reflektieren

Mit dem Begriff „Data Literacy“ werden Kompetenzen zur Beherrschung der zunehmenden Datafizierung der Lebenswirklichkeit beschrieben. Datenkompetenz umfasst die Fähigkeit, Daten auf kritische Weise zu sammeln, zu verwalten, zu bewerten und anzuwenden (vgl. Ridsdale et al. 2015 nach Heidrich et al. 2018: S. 11). Die curriculare Einbindung digitaler Bildungsinhalte an deutschen Hochschulen befindet sich gegenwärtig noch im Aufbau.

Eine der Herausforderungen für Hochschulen ist die Identifikation relevanter Kompetenzen und Inhalte, um die Studierenden auf die sich stetig verändernden Anforderungen von Digitalität in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik vorzubereiten (vgl. Gesellschaft für Informatik [GI] 2018).

Drei branchenunabhängige digitale Kompetenzkategorien


Eine Studie des Stifterverbands unterscheidet drei Kompetenzkategorien, die in den kommenden fünf Jahren für die branchenunabhängige berufliche oder gesellschaftliche Partizipation an Bedeutung gewinnen werden:

  1. Technologische Fähigkeiten […], die für die Gestaltung von transformativen Technologien notwendig sind.
  2. […] Digitale Grundfähigkeiten […], durch die Menschen in der Lage sind, sich in einer digitalisierten Umwelt zurechtzufinden und aktiv an ihr teilzunehmen.
  3. […] Klassische Fähigkeiten […], deren Bedeutung aus Sicht der Unternehmen in den kommenden Jahren im Arbeitsleben zunehmen wird, zum Beispiel Adaptionsfähigkeit, Kreativität und Durchhaltevermögen.“ (Kirchherr et al. 2018)

Die Leuphana Universität Lüneburg beantwortet die Herausforderungen der digitalen Transformation, indem sie ihre Studierenden dazu ermutigt, vertiefte Datenkompetenzen bereits mit Beginn ihres Bachelorstudiums zu erwerben

Digitale Kompetenzen an der Leuphana

Transfer zwischen Forschung, Lehre und Praxis

Im September 2018 wurde die Leuphana Universität Lüneburg mit dem Konzept DATA DRIVEN X, kurz DATAx, als eine von drei deutschen Hochschulen im Förderwettbewerb „Data Literacy Education“ ausgewählt.

Gefördert vom Stifterverband und von der Heinz Nixdorf Stiftung können die gekürten Hochschulen mit jeweils bis zu 250 000 Euro in den kommenden drei Jahren innovative Lehr- und Lernkonzepte in Sachen Datenkompetenzen für Studierende umsetzen. Ein Überblick über die Entwicklung eines Lehrprogramms im Bachelorstudium der Leuphana.

Das Leuphana DATAx-Modell zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Bedarfe von Akteuren der Region Lüneburg und der Metropolregion Hamburg ermittelt und in ein handlungsorientiertes Lehrkonzept für den Erwerb von Data Literacy überführt werden. Die quantitative und qualitative Evaluation bildet die Basis der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Studienprogramms, mit dem Ziel, dessen Zukunftsfähigkeit und Praxisrelevanz sicherzustellen.

Unterschiedliche Vorkenntnisse erschweren die Entwicklung von Lehrkonzepten

Eine Herausforderung in der Entwicklung des Lehrkonzepts besteht darin, Lehrformen und Inhalte zu bestimmen, um die 1 500 Studierenden, die mit unterschiedlichen Vorkenntnissen, Schwerpunkten und Interessen studieren, im Sinne des Blended Learning in einer Kombination aus Präsenz- und Online-Selbstlerneinheiten auf den gleichen Wissensstand zu bringen.

Hierzu erwerben die Studierenden im Online-Selbststudium Grundlagenwissen in den Bereichen Mathematik, Statistik und Programmierung. Übungen und Vorträge zu Fallstudien reichern die theoretischen Inhalte mit Praxiskenntnis an und sollen die Studierenden für Daten und ihre Anwendung begeistern.

Interdisziplinarität als Chance

Die fachübergreifende, interdisziplinäre Zusammenarbeit von Praktikern, Forschern und Studierenden schafft dabei neue Formen des Transfers, der die Potenziale neuer Technologien und datengetriebener Geschäftsmodelle mit Studierenden für die Praxis nutzbar macht und diese für ihre Zukunft in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik vorbereitet.

Experimentierraum für den kollaborativen Transfer

Das Konzept sieht zur Förderung der Datenkompetenzen einen offenen Lern- und Experimentierraum für höhere Semester im Bachelorstudium vor. In Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern unter anderem aus den Bereichen E-Commerce, Softwareentwicklung, Web Analytics sowie Nichtregierungsorganisationen wird dieser gemeinschaftlich mit dem Ziel des Wissenstransfers entwickelt.

Der „Open Data Hacking Space“ (ODHS) soll die Studierenden zum eigenständigen Ausprobieren und Hinterfragen von Datenphänomenen ermutigen. Dieser Raum soll durch seine offene Struktur den Transfer zwischen den heterogenen Akteursgruppen fördern und langfristig sicherstellen.

Neben der technischen Infrastruktur beheimatet der ODHS die Forschungsprojekte der Studierenden und rahmt das forschende Lernen der Studierenden mit den Supervisoren aus Forschung und Praxis ein.

Die involvierten Praxispartner profitieren von der Einbindung in das DATAx-Programm, indem sie Zukunftsthemen für ihre Praxisperspektive identifizieren. Mitarbeiter in Wirtschaft, Politik und Verwaltung werden ebenfalls dazu angeregt, sich mit Zukunftsthemen zu beschäftigen und weiterzubilden.

Zielgruppe: Nicht Informatiker, sondern Geisteswissenschaftler und Juristen

Das Programm spricht gezielt Studierende nicht technischer Fachrichtungen an und trägt dazu bei, den Anteil beispielsweise von Geisteswissenschaftlern oder Juristen zu fördern, die sich mit Daten und Phänomenen der Datenanalyse beschäftigen.

Studierende sollen im ODHS in die Lage versetzt werden, nicht nur Aussagen aus Daten zu bilden, sondern getroffene Aussagen auf eingeschriebene Wertvorstellungen, Ethiken und Vorannahmen hin kritisch zu hinterfragen, da Daten nicht neutral sind (vgl. Boyd/Crawford 2012: S. 662 f.).

Studierende werden zu Experten und Change Agents

Neben den zur Verfügung gestellten Daten der Praxispartner werden öffentliche Datenquellen genutzt. Ziel ist es, auf Basis der Daten neue Zusammenhänge herzustellen und gesellschaftlich relevante Fragen zu entwickeln, die es in interdisziplinären Lerngruppen mit den Mentoren aus Forschung und Praxis zu beantworten gilt.

Der kritischen Überprüfung von Daten und Quellen auf Qualität und Ursprung kommt dabei eine immer größere Bedeutung zu (vgl. Lenz 2018). Studierende werden durch die Neuausrichtung der methodischen Lehrinhalte disziplinübergreifend zu Experten und Change Agents im Feld der Data Science und lernen dabei früh, in ihrem Studium Verantwortung zu übernehmen und die Gesellschaft durch vertiefte Datenkompetenzen in der Praxis zu verändern.

Auch die EU beschäftigt sich mit der Nowendigkeit digitaler Kompetenzen. Wir fassen für Sie zusammen.

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Auszug aus dem Artikel „Datenkompetenzen in Kooperationen fördern“, geschrieben von Burkhard Funk und Michael Wuppermann, sowie erstmals erschienen in DUZ Wissenschaft & Management 01/2019.

Literaturtipps

Boyd, Danah/Crawford, Kate (2012): Critical Question for Big Data: Provocations for a Cultural, Technological, and Scholarly Phenomenon. In: Information, Communication & Society, 15 (5), 662–679.

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2016): Digitale Bildung. Der Schlüssel zu einer Welt im Wandel. Text abrufbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/digitale-bildung-der-schluessel-zu-einer-welt-im-wandel.html (Zugriff am 30.10.2018).

Gesellschaft für Informatik (GI) (2018): Data Literacy und Data Science Education: Digitale Kompetenzen in der Hochschulausbildung. Text abrufbar unter: https://gi.de/themen/beitrag/data-literacy-und-data-science-education-digitale-kompetenzen-in-der-hochschulausbildung (Zugriff am 30.10.2018).

Heidrich, Jens/Bauer, Pascal/Krupka, Daniel (2018): Strukturen und Kollaborationsformen zur Vermittlung von Data-Literacy-Kompetenzen. Text abrufbar unter: https://hochschulforumdigitalisierung.de/sites/default/files/dateien/HFD_AP_Nr32_Data_Literacy_Kompetenzen_Literatur.pdf (Zugriff am 15.11.2018).

Japsen, Andrea/Wuppermann, Michael (2018): Nichts geht mehr ohne digitale Kompetenzen. In: duz Wissenschaft & Management, Ausgabe 05/2018, S. 32– 37, www.wissenschaft-und-management.de.

Kirchherr, Julian/Klier, Julia/Lehmann-Brauns, Cornels/Winde, Mathias (2018): Future Skills: Welche Kompetenzen in Deutschland fehlen. Text abrufbar unter: https://stifterverband.org/medien/future-skills-welche-kompetenzen-in-deutschland-fehlen (Zugriff am 20.09.2018).

Lenz, Richard (2018): Data Science und die Qualität von Daten. In: Data Literacy und Data Science Education: Digitale Kompetenzen in der Hochschulausbildung, S. 28 ff. Text abrufbar unter: https://gi.de/fileadmin/GI/Hauptseite/Aktuelles/ Aktionen/Data_Literacy/GI_DataScience_2018-04-20_FINAL.pdf (Zugriff am 31.01.2019).

Ridsdale, Chantel/Rothwell, James/Smit, Michael/Ali-Hassan, Hossam/Bliemel, Michael/Irvine, Dean/Kelley, Daniel/Matwin, Stan/Wuetherick, Bradley (2015): Strategies and Best Practices for Data Literacy Education: Knowledge Synthesis Report.

Roessler, Isabel/Duong, Sindy/Hachmeister, Cort-Denis (2015): Welche Missionen haben Hochschulen?: Third Mission als Leistung der Fachhochschulen für die und mit der Gesellschaft. Gütersloh: Centrum für Hochschulentwicklung gGmbH.